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AutorenbildDr. Mitsche

Frühzeichen von ADHS im Säuglings- und Kleinkindalter – Worauf Eltern achten sollten

ADHS wird häufig erst im Schulalter diagnostiziert, wenn Kinder Schwierigkeiten haben, sich zu konzentrieren, Anweisungen zu folgen oder mit Impulsivität kämpfen. Doch erste Hinweise auf eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) können sich bereits im Säuglings- und Kleinkindalter zeigen.



Auch wenn nur eine Verdachtsdiagnose in diesen frühen Jahren gestellt werden kann, lohnt es sich für Eltern, bestimmte Verhaltensauffälligkeiten zu beobachten und wahrzunehmen. Manche Symptome oder Auffälligkeiten können mögliche Hinweise auf eine spätere ADHS sein.


Hier sind einige Merkmale, auf die Eltern achten können:


  1. Regulationsstörungen mit langanhaltenden Schreiphasen

Regulationsstörungen sind oft die ersten Anzeichen, die Eltern wahrnehmen, wenn ihr Baby ungewöhnlich viel und lange schreit. Während viele Säuglinge Phasen des Schreiens haben, ist es bei Kindern mit späteren ADHS-Veranlagungen häufig intensiver und länger anhaltend.


Beispiel: Ein Kind schreit mehrere Stunden am Tag, selbst wenn es gefüttert, gewickelt und in einer ruhigen Umgebung ist. Beruhigungsversuche, wie das Tragen oder sanftes Schaukeln, haben wenig bis gar keinen Effekt. Solche langanhaltenden Schreiphasen können auf eine erschwerte Selbstregulation hindeuten.


  1. Schlaf- und Essprobleme

Auch Schwierigkeiten beim Schlafen oder Essen können frühe Zeichen sein. Babys und Kleinkinder mit ADHS-Risikofaktoren haben oft einen unruhigen Schlaf oder finden schwer in den Schlaf. Beim Essen zeigen sie sich möglicherweise wählerisch oder verweigern feste Nahrung, sobald sie älter werden. Solche Kinder verlange oft länger nach der Flasche.



Beispiel: Ein Kleinkind wacht nachts häufig auf, braucht lange, um wieder einzuschlafen, oder verweigert die Nahrungsaufnahme regelmäßig, was oft zu Stresssituationen für die Eltern führt. Diese Schlaf- und Essprobleme können ebenfalls ein Hinweis auf eine gestörte Selbstregulation sein.


  1. Motorische Unruhe

Während viele Kleinkinder natürlich aktiv und bewegungsfreudig sind, kann eine übermäßige motorische Unruhe auffällig sein. Kinder, die ständig in Bewegung sind, selten ruhig sitzen bleiben oder ihre Körperkontrolle nicht gut beherrschen, zeigen möglicherweise ein frühes Zeichen für ADHS.



Beispiel: Ein Kind krabbelt unaufhörlich, klettert in gefährliche Situationen und wirkt rastlos, wenn es mal ruhig sitzen soll, wie beim Essen. Diese motorische Unruhe übersteigt das normale Maß an Aktivität, das in diesem Alter üblich ist, und kann für Eltern belastend sein. Auch beim Einschlafen ergibt sich oft eine auffallende motorische Unruhe.


  1. Kurzer, flüchtiger Blickkontakt

Blickkontakt ist ein wichtiger Teil der sozialen Kommunikation und Bindung. Während alle Babys und Kleinkinder hin und wieder ihren Blick abwenden, zeigen manche Kinder mit ADHS-Charakteristiken oft nur sehr kurzen und flüchtigen Blickkontakt. Sie scheinen schneller abgelenkt und haben Mühe, die Aufmerksamkeit auf eine Person zu richten.


Beispiel: Eltern stellen fest, dass ihr Kind beim Füttern oder Wickeln kaum Augenkontakt hält und sich schnell anderen Reizen zuwendet, z. B. Geräuschen oder Bewegungen im Raum.


  1. Ablehnung von Körperkontakt

Ein weiteres mögliches Zeichen für ADHS im frühen Kindesalter kann eine Abneigung gegen Körperkontakt sein. Während viele Kinder die körperliche Nähe ihrer Eltern genießen, zeigen manche Babys und Kleinkinder eine klare Abwehrhaltung.



Beispiel: Ein Kind windet sich, wenn es gehalten oder umarmt wird, und bevorzugt es, auf Abstand zu sein. Auch das Tragen oder Kuscheln kann für solche Kinder eher unangenehm sein, was oft das Bindungserleben der Eltern beeinflusst.


  1. Geringe Frustrationstoleranz

Kinder mit einer Veranlagung zu ADHS zeigen oft eine niedrige Schwelle für Frustration und Wutausbrüche. Schon bei kleineren Herausforderungen oder Wartezeiten können sie ungeduldig oder wütend reagieren.


Beispiel: Ein Kind beginnt zu weinen oder zu schreien, wenn es etwas nicht sofort bekommt oder wenn ein Spielzeug nicht so funktioniert, wie es das möchte.


  1. Probleme beim Übergang zwischen Aktivitäten

Diese Kinder haben häufig Schwierigkeiten, von einer Aktivität zur nächsten zu wechseln und zeigen sich unflexibel im Umgang mit Veränderungen.


Beispiel: Wenn das Spiel endet oder es Zeit ist, ins Bett zu gehen, reagiert das Kind oft mit intensiven Protesten oder einem Wutanfall.


  1. Starke Reizbarkeit

Babys und Kleinkinder, die auf viele Reize stark oder überempfindlich reagieren, haben möglicherweise Schwierigkeiten, ihre Reaktionen zu regulieren.



Beispiel: Das Kind reagiert auf laute Geräusche, helles Licht oder plötzliche Veränderungen sehr empfindlich und wird schnell unruhig oder beginnt zu weinen.


  1. Unregelmäßige Tagesstruktur

Kinder mit einem späteren ADHS-Risiko haben oft Schwierigkeiten, eine regelmäßige Tagesstruktur zu entwickeln. Schlaf- und Wachzeiten sind oft unregelmäßig, und auch Essgewohnheiten können stark schwanken.


Beispiel: Das Kind hat keinen festen Rhythmus für Schlaf- und Wachzeiten, und auch die Essenszeiten sind unbeständig, was den Alltag der Eltern erschwert.


  1. Vermehrte Ablenkbarkeit

Ein weiteres Merkmal kann eine hohe Ablenkbarkeit sein. Diese Kinder verlieren schnell das Interesse an einer Tätigkeit und sind durch jede kleine Veränderung im Raum abgelenkt.



Beispiel: Beim Spielen mit einem Spielzeug wendet sich das Kind sofort einem anderen Gegenstand zu, wenn es etwas Neues oder Unbekanntes sieht.


  1. Impulsivität

Auch im frühen Kindesalter können Anzeichen für Impulsivität auftreten. Diese Kinder handeln schnell, ohne nachzudenken, und haben oft Mühe, sich zu beherrschen.


Beispiel: Ein Kind greift nach Dingen, ohne Rücksicht auf mögliche Konsequenzen (z. B. nach einem heißen Getränk) oder zieht an anderen Kindern, um deren Aufmerksamkeit zu gewinnen.


  1. Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion

Kinder mit ADHS-Anzeichen können bereits im Kleinkindalter Schwierigkeiten im Umgang mit anderen Kindern oder Erwachsenen zeigen. Sie finden es unter Umständen schwer, mit anderen zu spielen oder sich in soziale Situationen einzufügen.



Beispiel: Ein Kind greift andere Kinder an, um Spielzeug zu bekommen, oder hat Schwierigkeiten, sich in einer Spielgruppe einzufügen, weil es die Interaktionen nicht versteht oder oft unterbricht.


Warum sollten Eltern auf diese Merkmale achten?


Diese frühen Anzeichen bedeuten nicht zwangsläufig, dass ein Kind ADHS entwickelt. Viele dieser Verhaltensweisen sind auch bei anderen Kindern normal und verschwinden von selbst. Dennoch kann es hilfreich sein, ein genaues Auge darauf zu haben und eine Dokumentation zu führen. Wenn sich diese Auffälligkeiten häufen oder die Entwicklung des Kindes nachhaltig beeinflussen, ist es ratsam, eine frühe Beratung oder Abklärung in Anspruch zu nehmen. Frühzeitige Interventionen und Unterstützung können später dabei helfen, mit möglichen Herausforderungen besser umzugehen.


Eltern sind oft die besten Beobachter für die Entwicklung ihres Kindes. Indem sie sensibel für mögliche Auffälligkeiten sind, schaffen sie eine Grundlage für ein gesundes Wachstum und eine frühzeitige Förderung, wenn es nötig sein sollte.


Fotos: Canva



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