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Wäsche – der Endgegner im ADHS-Haushalt

Wäsche waschen? Kein Problem. Aber dann? Wäsche aufhängen, zusammenlegen, wegräumen? Wenn’s einen Haushalt-Endgegner gibt, dann heißt er Wäsche. Gerade für Menschen mit ADHS kann das Thema Wäsche zu einer echten Herausforderung werden. Die Aufgaben sind kleinschrittig, repetitiv, wenig spannend – und damit prädestiniert, um vor sich hergeschoben zu werden.


Einstellungsveränderung als Gamechanger: Strukturen schaffen, die zur neurodiversen Lebensrealität passen.
Einstellungsveränderung als Gamechanger: Strukturen schaffen, die zur neurodiversen Lebensrealität passen.

Wenn der Wäscheberg zur mentalen Blockade wird

Viele meiner Klient*innen berichten, dass das Wäschemanagement einer der stressigsten Punkte im Haushalt ist. Die Waschmaschine zu befüllen, klappt meistens noch gut. Aber das "Danach" ist der Punkt, an dem viele aussteigen. Der Haufen saubere, aber ungefaltete Wäsche wird zur stillen Anklage im Wohnzimmer oder bleibt einfach in der Waschmaschine liegen – bis zum nächsten Waschgang.

Doch es gibt gute Nachrichten: Du musst den Haushalt nicht "richtig" machen. Du darfst ihn so gestalten, wie er für dich funktioniert. Schluss mit Perfektionsdruck – willkommen bei pragmatischen Lösungen, die dir wirklich helfen.


5 alltagstaugliche Tipps für das Wäschemanagement mit ADHS


1. Boxensystem statt Zusammenlegen

Das Zusammenlegen von Wäsche ist für viele das Übel schlechthin. Warum also nicht einfach weglassen? Nutze Boxen oder große Körbe für verschiedene Kategorien: z. B. Unterwäsche, Socken, T-Shirts. Die saubere Wäsche kommt einfach in die passende Box – kein Falten, kein Einordnen. Besonders hilfreich für Menschen mit Reizoffenheit oder Entscheidungsmüdigkeit.


Wer sagt, dass Wäsche gefaltet und ordentlich eingeräumt werden muss? Für ADHS-Gehirne können Boxen und Körbe die alltagstauglichere Lösung sein.
Wer sagt, dass Wäsche gefaltet und ordentlich eingeräumt werden muss? Für ADHS-Gehirne können Boxen und Körbe die alltagstauglichere Lösung sein.

2. Wäschekorb pro Person

Jedes Familienmitglied bekommt seinen eigenen Wäschekorb für die saubere Wäsche. Das reduziert Sortierstress und spart Zeit. Kinder (oder auch Erwachsene) können ihre Wäsche eigenverantwortlich aus dem Korb holen – ob sie sie dann falten oder nicht, bleibt ihnen überlassen.


3. Waschmaschine + Schrank = Dreamteam

Wenn möglich, platziere deinen Kleiderschrank oder zumindest eine Kommode in direkter Nähe zur Waschmaschine. So wird der Weg von der Maschine zum Schrank kürzer und es gibt weniger Gelegenheiten, auf halber Strecke die Motivation zu verlieren.


Weniger Schritte, weniger Hürden: Aufbewahrungssysteme möglichst nah zur Waschmaschine platzieren.
Weniger Schritte, weniger Hürden: Aufbewahrungssysteme möglichst nah zur Waschmaschine platzieren.

4. Erledige nur den nächsten Schritt

Statt an den kompletten Prozess zu denken ("Ich muss waschen, aufhängen, trocknen, zusammenlegen, wegräumen...") hilft es, sich immer nur auf den nächsten machbaren Schritt zu konzentrieren. Heute nur waschen. Morgen aufhängen.


5. Nutze Routinen und visuelle Reize

Klebe dir Erinnerungsnotizen in Sichtweite (z. B. "Wäsche aus der Maschine holen!") oder stelle dir einen Timer am Handy. Routinezeiten helfen ebenfalls, z. B. "Dienstag ist Wäschetag". Auch ein fester Zeitpunkt fürs Anwerfen der Maschine kann entlasten.


Struktur durch Technik: Mit Handy-Timern den Überblick über die einzelnen Wäscheschritte behalten – ein praktisches Tool im ADHS-Alltag.
Struktur durch Technik: Mit Handy-Timern den Überblick über die einzelnen Wäscheschritte behalten – ein praktisches Tool im ADHS-Alltag.

Fazit: Weniger Druck, mehr Alltagstauglichkeit


Im Kontext von ADHS wird deutlich, dass Aufgaben, die scheinbar banal wirken – wie das Wäschemanagement – durch die typischen exekutiven Funktionsschwierigkeiten deutlich belastender erlebt werden können. Planung, Strukturierung, Handlungskontrolle und Aufrechterhaltung von Motivation sind bei ADHS oft beeinträchtigt – genau jene Prozesse, die bei einem „Wäsche-Projekt“ aber kontinuierlich gefordert sind.

Aus psychologischer Sicht ist es daher zentral, nicht nach einem idealisierten Ordnungskonzept zu streben, sondern sich alltagsnahe, flexible und individuell passende Strategien zu überlegen. Ziel ist nicht Perfektion, sondern Funktionalität und Entlastung im Alltag.


Erlaube dir, Ordnung neu zu definieren – deine Schubladen müssen nicht perfekt sein, um gut genug zu sein.
Erlaube dir, Ordnung neu zu definieren – deine Schubladen müssen nicht perfekt sein, um gut genug zu sein.

Konkret bedeutet das:


  • Ein Boxensystem kann helfen, das Zusammenlegen zu vermeiden und trotzdem Ordnung zu schaffen.

  • Die räumliche Nähe von Waschmaschine und Kleiderschrank reduziert notwendige Handlungsschritte.

  • Wäsche im Korb zu belassen, kann eine funktionale Zwischenlösung sein – wenn sie den Alltag vereinfacht.


Das Bedürfnis nach Struktur bleibt bei ADHS bestehen – der Weg dorthin darf jedoch kreativ, pragmatisch und neurodiversitätssensibel sein.

Psychologische Selbstfürsorge bedeutet in diesem Fall: Den Haushalt so zu gestalten, dass er zu den eigenen mentalen Ressourcen passt – nicht umgekehrt.

Wäsche muss nicht perfekt gemacht werden. Es geht nicht darum, Instagram-taugliche Kleiderschränke zu führen, sondern dein Leben funktional und entlastend zu gestalten. Wenn dir Boxen helfen, dann sind Boxen der richtige Weg. Wenn du die Wäsche lieber irgendwo lagerst, bis du sie brauchst: Auch okay.

Erlaube dir, deinen Haushalt so zu gestalten, dass er zu deinem ADHS-Gehirn passt. Denn Ordnung beginnt nicht mit Perfektion, sondern mit Verständnis und Akzeptanz für dich selbst.

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